Marketing Automation – Technologische Wunderwaffe oder neues Mindset für effektives, kundenzentriertes Marketing und mehr Verkauf – Teil 1 Die Automatisierung von Kundenansprache und von Prozessen in Marketing und Verkauf ist in allen Disziplinen des digitalen Marketings zu finden. Der vorliegende Artikel versucht, ein grosses Schlagwort in seine Bestandteile zu zerlegen und damit die Aufgabe auf ein machbares Mass zu reduzieren; aber auch darauf hinzuweisen, dass einige Hausaufgaben zu bewältigen sind, bevor man sich nachhaltig in das Abenteuer der Automatisierung stürzt. Zudem will der Artikel an verschiedenen Touchpoints der Customer Journey, aber auch auf dem Weg zu einer effektiven Automation konkrete Handlungsempfehlungen geben. Use Cases zeigen auf, wie man einen einfachen Einstieg findet, ohne das grosse Ganze auf einem mehrjährigen Weg aus den Augen zu verlieren. Im Zentrum der Nutzeransprache steht meist das E-Mail, das sich aufgrund seiner Eigenschaften bestens für die Automatisierung anbietet. Darüber hinaus können bei Inaktivität auf diesem Kanal über Retargeting (personalisierte Ansprache über Displaywerbung aufgrund des Nutzerverhaltens) und über Audience Matching (Neukundenidentifikation aufgrund des Nutzerverhaltens bekannter Zielgruppen) gezielt alternative und sich ergänzende digitale Kanäle in Richtung des Omnichannel-Marketings eingesetzt werden. Eines ist klar, wird aber häufig viel zu eng gesehen: Marketing Automation ist keine Technologie, sondern vielmehr ein Mindset und ein Baukasten, der Teil einer Marketing- und Vertriebsstrategie ist. Die folgenden Module und Bestandteile von Automation werden im Einzelnen beleuchtet:
Daraus ergibt sich die Definition von Marketing Automation. Das Thema wird selbstredend gesteuert über die unzähligen Technologieanbieter im Markt, welche ihre kommunikativen Traumschlösser entlang der Customer Journey präsentieren. „A fool with a tool is still a fool“, diese Wahrheit gilt nicht erst aber erst recht seit Marketing Automation. Für die Konvertierung von möglichst vielen Leads zu Neukunden, die Basisanwendung von Automation, werden grosszügige Budgets und Investitionen für solche Technologien gesprochen. Aber es geht um viel mehr. In der Folge werden die einzelnen Bestandteile von Marketing Automation (gemäss dieser Abbildung) erklärt und ihre Bedeutung für das interdisziplinäre Ganze aufgezeigt. ![]() Strategie und Use Cases Es ist hinlänglich bekannt, dass die vielen Touchpoints entlang der Customer Journey unzählige Möglichkeiten bieten für Kundeninteraktionen, Empfänger-Kampagnen und die workflowgesteuerte Ansprache von Leads und Kunden. Wer Marketing Automation mit Lead Generation und Lead Nurturing gleichsetzt, also dem systematischen Prozess, aus Kontakten über einen Sales Funnel durch einen mehrstufigen Kommunikation- und Verkaufsprozess zu Kunden zu konvertieren, vergibt sich viele Möglichkeiten. Es lohnt sich in jedem Fall, in einem Workshop Triggers zu identifizieren, welche man strategisch für die Ziele der Kundenansprache aktivieren will. Solche Auslöser können sein:
E-Mails auf der Basis solcher Trigger beinhalten eine bestimmte Selektion, sind relevanter und haben deshalb Öffnungsraten von +/- 50%, was doppelt bis dreimal höher ist als bei Regel-Newsletter. Der zweite wichtige Aspekt sind gezielte Targetingmassnahmen. Dazu werden Daten aus ERP und/oder CRM benötigt. Es geht überwiegend darum, Zielgruppen zu finden, welche man gezielt über automatische Massnahmen anschreiben kann. Es bieten sich die folgenden Kundengruppen oder Personas an:
Solche Zielgruppen können manuell errechnet werden oder aber es werden automatisiert Massnahmen ausgelöst, wenn bestimmte Schwellenwerte erreicht oder Kriterien erfüllt sind. In jedem Fall liegen diesen Zielgruppen Use Cases zugrunde, welche als Projekt definiert und als automatisierter Prozess ausgespielt werden. Neben diesen überwiegend quantitativen Zielen im Neukunden- und Bestandskundenmarketing gibt es weitere Zielsetzungen, wie das «customer engagement» zu erhöhen, die Produktivität zu steigern oder einfach die Messbarkeit von Kampagnen zu verbessern. Diese Übersicht soll dazu dienen, Marketingziele zu definieren, Prioritäten zu setzen und die Ressourcen möglichst effizient einzusetzen. Diese klassischen Hausaufgaben gelten auch im digitalen Marketing und sind wichtiger, als der operativen Hektik zu erliegen, welche ausbricht, wenn ein Berater mit einer neuen Technologie oder bahnbrechenden Massnahmen auf der Matte steht. A fool with a tool and possibly a new methodology remains a fool without objectives and targets. Targetingmassnahmen findet man selbstredend auch im Paid Marketing, wo dem anonymen Kontakt über seine Attribute über diverse Publisher oder über die Google-Suche Werbung ausgespielt wird. Auch diese ist automatisiert. Auf sie wird aber in diesem Artikel nicht weiter eingegangen. Allerdings wird das Surfverhalten relevant als Ausgangspunkt für eine Kampagne, wenn der anonyme Nutzer seine E-Mail-Adresse hinterlegt hat. Jetzt kann sein Verhalten gezielt im Rahmen des Lead Nurturing eingesetzt werden; «permission» vorausgesetzt (vgl. Kapitel Recht). ![]() Abbildung: Die Customer Journey bietet diverse Trigger als Ausgangspunkte für eine automatisierte Ansprache.
Handlungsempfehlungen:
Workflows und Prozesse In den «guten» alten, analogen und den frühen digitalen Zeiten gab es noch überschaubare, meist händische Kampagnen. Diese hatten klare, einfache Ziele und Abläufe. Relevanzsteigerung aufgrund eines bestimmten Nutzer-verhaltens und Personalisierung der Massnahmen waren nicht möglich Die Kampagnen wurden abgewickelt. Am Schluss hat man sich überlegt, ob sie ihren Zweck erfüllt haben und sie bei gutem Gelingen gelegentlich wiederholt werden. Mit der Automatisierung ändert sich dies fundamental. Sämtliche oben angeteaserte Aktivitäten auf der Basis von Trigger und im Sinne von Targeting-Strategien verlangen nach der Definition und Gestaltung eines Prozesses mit der Abfolge von Event (Trigger), Bedingungen, Aktionen, Verzweigungen und Inhalten in verschiedenen, relevanten und personalisierten Schritten. Der Prozess ändert sich bei einem bestimmten Verhalten des Nutzers, zum Beispiel beim Öffnen eines Mails, beim Lesen eines bestimmten Contents oder wenn ein Kauf getätigt wurde, obwohl der geplante Prozess noch nicht zu Ende ist; oder wenn ein bestimmter Scoring-Wert erreicht ist. Zeit kann auch eine Rolle spielen, um den Nutzer nicht mit zu vielen Mails zu überfordern. Weitere Kommunikations-Gefässe an denselben Nutzer können mit einem automatisierten Prozess kollidieren. Hier ist das sogenannte Kadenzmanagement gefragt. Dieser Prozess muss in zeitlicher, handlungsspezifischer und inhaltlicher Weise sauber durchdekliniert werden. Während früher an jeder Zweigstelle ein manueller Eingriff und händische Aktivitäten erforderlich waren, überlegt sich der Marketingspezialist, was passieren muss, wenn eine bestimmte Aktion (nicht) eintritt. Zielgruppen werden dadurch spezifischer, Inhalte werden relevanter und die Ansprache ist personalisierter. Das erfordert eine konsequente analytische Denkweise. Der Marketing Engineer ist geboren oder er bleibt eben auf der Strecke, wenn ihm diese Denkweise nicht gegeben ist, bzw. er keinen Business Analysten zur Hand hat, der ihn durch die Prozess-Varianten begleitet und alle Zweigstellen mit Handlungen belebt. Das Potential ist unschwer zu erkennen. Gleichzeitig wird aber auch klar, wie viel Zeit und Planung das erstmalige Aufsetzen des Kernprozesses erfordert. ![]() Abbildung: Übersicht eines einfachen Prozesses im Inbound Marketing: Start/Event durch Anmeldung mit E-Mail-Adresse, Bedingung, Aktion, Ende. Je nach Handlung des Empfängers verändern sich die Aktionen im Prozessverlauf. Dank dem Prozessdenken wird der Marketer gezwungen, Marketingabläufe konsequent durchzuspielen, neue Optionen wahrzunehmen und bestehende anzupassen. Manuelle Handlungen können eingespart, damit zusammenhängende Fehler reduziert werden. Bestehende Ressourcen werden intelligenter eingesetzt, nämlich für die Entwicklung neuer Cycles und für die Messung und Verbesserung der Kampagnen-Performance. So entwickelt sich Automation laufend weiter und ist mit dem Abschluss eines Prozesses nicht einfach zu Ende. Es bietet sich an, den gesamten Kunden-Lebenszyklus zu durchkämmen und sich zu überlegen, mit welchen Trigger und mit welchen Zielgruppen man geeignete Prozesse einrichten kann. Bei erfolgreichen eCommere-Unternehmen ist dieses Vorgehen schon weit fortgeschritten.
Handlungsempfehlungen:
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